Fraktionserklärung: «Zusammenarbeit geht anders»

Eine persönliche Erklärung von Jörg Kündig in seiner Funktion als Präsident des Verbandes der Gemeindepräsidien im Kanton Zürich und gleichzeitig eine Fraktionserklärung der FDP

Frau Präsidentin
Frau Regierungsrätin
Meine Damen und Herren

Im Zusammenhang mit der absolut zu verurteilenden Messerattacke des 15-jährigen Jugendlichen in Zürich sah sich Justizministerin Regierungsrätin Jacqueline Fehr bemüssigt, sich zum Thema Gewaltprävention zu äussern und liess sich mit dem Satz zitieren «In Gewaltprävention investieren statt Steuern senken» . Gemeint sind dabei, das wird im Verlauf des Interviews deutlich, die Gemeinden im Kanton Zürich.

Dass die Aussagen von Frau Fehr nicht nur losgelöst von der Faktenlage sind – bezüglich des Täters ist es offensichtlich - und gleichzeitig, dass eine Absprache mit ihrem Amtskollegen und Namensvetter Fehr nicht erfolgt ist, ist regierungsintern zu klären. Der herauslesbare Täterschutz mutet doch gerade für die Justizministerin des Kantons Zürich mindestens seltsam an. Das zum einen.

Dass sie aber als Vorsteherin jener Direktion, welche für die Gemeinden zuständig ist, mit ihren unbedarften, unangemessenen Äusserungen ausgerechnet und gezielt Politische- und Schulgemeinden mit ihren Behörden und Mitarbeitenden angreift, ist ein starkes Stück und gilt es mit aller Deutlichkeit zurückzuweisen.

Zum einen ist festzuhalten, dass nicht nur die Schulsozialarbeit, sondern der Jugendschutz, aber auch grundsätzlich die fürsorgerische Betreuung in allen Gemeinden grosses Gewicht haben. Das ist auch am Ressourceneinsatz deutlich abzulesen. Dass neben Prävention aber auch Sanktionsmöglichkeiten vorhanden sein müssen, blendet Frau Fehr gefliessentlich aus.

Im Projekt «Gemeinden2030» - sinnigerweise initiiert von der Direktion für Justiz und Inneres - wurde das Thema Zusammenarbeit Kanton und Gemeinden über vier Jahre bearbeitet. Dabei wurden unter anderem zwei Ambitionen formuliert:

  1. Der Dialog zwischen Kanton und Gemeinden ist eine Erfolgsgeschichte
  2. Gemeinden und Kanton vertrauen sich gegenseitig und arbeiten offen und lösungsorientiert zusammen.

Für mich, für uns ist nicht ersichtlich, welchen Beitrag das Interview zum Erreichen dieser Ambitionen geleistet hat oder leisten soll.

Und schliesslich, meine Damen und Herren, gehört nicht das Thema Asyl, aber das Thema Integration in den Zuständigkeitsbereich der Justizdirektion. Mit der Erhöhung der Aufnahmequote auf 1.6% werden die Gemeinden und ihre Mitarbeitenden ihre Belastungs-grenzen erreichen, vielerorts wird sie sogar  überschritten. Es ist zunehmender Unmut wahrzunehmen. Das Stichwort «Konsequentes Durchsetzen von Regeln» wurde häufiger genannt als das Wort Prävention.

Immer wieder wird diesem Zusammenhang von den Vertretern von Bund und Kanton hervorgehoben, wie dankbar man sei, mit wieviel Engagement und Loyalität die Gemeinden die enorme Herausforderung bewältigten. Letztmals gehört am Frühjahrestreffen des Verbandes der Gemeindepräsidien in Winterthur vom vergangenen Donnerstag.

Wie passt da die Forderung von Regierungsrätin Fehr?

Fazit: Wir sind nicht sicher, welchem Zweck des Interviews von Justizdirektorin Fehr dienen sollte. Dem immer wieder gewünschten Miteinander von Kanton und Gemeinden hat es nicht geholfen und der Eindruck fehlender Wertschätzung zeigt wenig Sensibilität im Hinblick auf die aktuelle Situation und die kommenden Aufgaben in den Gemeinden.

Zusammenarbeit geht anders.

Wir fordern Regierungsrätin Fehr ausdrücklich auf, in Zukunft solche an den Haaren herbeigezogenen Einschätzungen zu unterlassen und erwarten, dass die Anstrengungen der Gemeinden und Schulen, aller Mitarbeitenden, Lehrpersonen und Behörden entsprechend wertgeschätzt werden».

18.3.2024

Jörg Kündig
Kantonsrat und Präsident Verband Gemeindepräsidien Kanton Zürich

Mehr zum Vorfall vom 18. Märzhttps://www.tagesanzeiger.ch/interview-zur-messerattacke-zuercher-regierungsraetin-jacqueline-fehr-veraergert-gemeinden-und-entschuldigt-sich-223728514325